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Nachhaltige Versicherungen sollen nicht verkompliziert werden

Die Lebensversicherungsbranche sieht sich zunehmend mit der Herausforderung konfrontiert, ihre Produkte nachhaltiger zu gestalten und ihre Kunden über Nachhaltigkeitsaspekte zu informieren. Dies ist kein freiwilliges Engagement der Branche, sondern eine Vorgabe der Europäischen Union. Gemäß der sogenannten Offenlegungsverordnung müssen Versicherer ihre Kunden nicht nur nach deren Nachhaltigkeitspräferenzen befragen, sondern auch umfassend über die Nachhaltigkeitsmerkmale der angebotenen Policen informieren. Ziel dieser Vorgaben ist es, den Kunden die Möglichkeit zu geben, fundierte Entscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit zu treffen. 

Doch die Umsetzung dieser EU-Regeln gestaltet sich in der Praxis oft schwieriger als gedacht. Ein großes Problem dabei sind die komplizierten und sperrigen Formulierungen, die im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben verwendet werden müssen. Viele Kunden haben Schwierigkeiten, diese juristisch und wirtschaftlich geprägten Texte zu verstehen, und fühlen sich von der Fülle an Informationen eher überfordert als ermutigt, sich intensiver mit den Nachhaltigkeitsaspekten ihrer Versicherungsprodukte zu beschäftigen. Dies führt dazu, dass die guten Absichten, den Versicherungsmarkt nachhaltiger zu gestalten, oft ins Leere laufen. Viele Verbraucher nehmen die Informationen zwar zur Kenntnis, aber sie beeinflussen ihre Entscheidungen nicht im gewünschten Maße. An dieser Stelle könnte ein Ansatz weiterhelfen, der sich in anderen Bereichen bereits bewährt hat: Eine einfachere und lebensnahe Sprache. Viele Versicherungsprodukte sind komplex, doch das heißt nicht, dass die Kommunikation darüber ebenso kompliziert sein muss. Eine verständliche Aufbereitung der Nachhaltigkeitsthemen könnte dazu beitragen, dass die Kunden die Bedeutung dieser Aspekte besser nachvollziehen und ihre Entscheidungen bewusster im Sinne der Nachhaltigkeit treffen. Dies könnte etwa durch klare, nachvollziehbare Erläuterungen und die Vermeidung von Fachbegriffen geschehen, die in der Regel nur Experten vertraut sind.

Zusätzlich zur vereinfachten Sprache könnte auch der Einsatz von „Nudging“-Techniken eine Rolle spielen. „Nudging“ bezeichnet in der Verhaltensökonomie Maßnahmen, die Menschen subtil in die Richtung einer bestimmten Entscheidung lenken, ohne ihnen diese direkt vorzuschreiben. In der Lebensversicherungsbranche könnte dies bedeuten, dass Versicherer gezielt nachhaltigere Produkte hervorheben oder bestimmte Wahlmöglichkeiten so präsentieren, dass die nachhaltigere Option als besonders attraktiv erscheint. Auf diese Weise könnten Verbraucher, die vielleicht von sich aus weniger Interesse an Nachhaltigkeit haben, trotzdem motiviert werden, sich für nachhaltigere Angebote zu entscheiden. Eine umfangreiche Studie, die diesen Ansatz untersucht hat, belegt den Erfolg solcher Maßnahmen. Die Forschung zeigt, dass sowohl die Verwendung einer verständlicheren Sprache als auch „Nudging“ dazu beitragen können, Kunden stärker für nachhaltige Versicherungsprodukte zu sensibilisieren. Dies ist nicht nur im Sinne der Umwelt, sondern auch im Interesse der Versicherer, die dadurch einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der EU-Vorgaben leisten können.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Lebensversicherungsbranche durch eine klarere und kundenfreundlichere Kommunikation sowie durch den Einsatz verhaltensökonomischer Instrumente einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit machen kann. Die komplexen rechtlichen Vorgaben müssen nicht zwangsläufig zu einer Überforderung der Kunden führen, wenn die Branche bereit ist, neue Wege in der Kundenansprache zu gehen.