Wer in Aktien, Anleihen, Fonds oder ETFs investiert, verfolgt in der Regel ein langfristiges Ziel. Der Grundgedanke ist einfach: Wer geduldig bleibt, profitiert über die Jahre hinweg von Kurssteigerungen, Dividenden und dem Zinseszinseffekt. Gerade bei breit gestreuten Anlageformen wie Fonds oder ETFs zeigt sich über Jahrzehnte hinweg ein positiver Trend. Dennoch sollte man nicht in die Falle tappen, das eigene Depot nach dem Kauf sich selbst zu überlassen. Denn auch wenn ein langfristiger Anlagehorizont grundsätzlich zu empfehlen ist, heißt das nicht, dass man tatenlos zusehen sollte. Es ist sinnvoll, in regelmäßigen Abständen einen kritischen Blick auf das eigene Portfolio zu werfen.
Mit der Zeit verändern sich Marktbedingungen, Kurse steigen oder fallen, einzelne Positionen entwickeln sich unterschiedlich. Das kann dazu führen, dass sich die ursprünglich gewählte Aufteilung zwischen verschiedenen Anlageklassen verschiebt. Vielleicht war das Ziel zu Beginn, 60 Prozent in Aktien und 40 Prozent in Anleihen zu investieren. Wenn nun jedoch die Aktien stark gestiegen sind, kann das Verhältnis plötzlich 70 zu 30 betragen – und damit ein deutlich höheres Risiko bedeuten, als ursprünglich geplant war. Genau hier liegt eine oft unterschätzte Gefahr. Denn durch diese sogenannten Schieflagen erhöht sich das Risiko im Depot unbemerkt. Die Verlustrisiken nehmen zu, während der Anleger womöglich noch in dem Glauben lebt, sein Portfolio sei weiterhin ausgewogen.
Die gute Nachricht ist: Solchen Ungleichgewichten lässt sich vergleichsweise einfach entgegenwirken. Eine regelmäßige Überprüfung der Vermögensverteilung, zum Beispiel einmal im Jahr, hilft dabei, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Dieser Vorgang nennt sich Rebalancing. Dabei verkauft man Anteile der übergewichteten Anlageklassen und investiert in die unterrepräsentierten Bereiche nach. So stellt man sicher, dass die ursprüngliche Anlagestrategie beibehalten wird und das Portfolio nicht in eine zu riskante Richtung abdriftet. Gleichzeitig ermöglicht dieses Vorgehen auch einen disziplinierten Umgang mit Marktschwankungen, denn man kauft tendenziell günstig ein und verkauft teuer – was langfristig die Rendite verbessern kann.
Auch emotionale Entscheidungen, etwa hektisches Umschichten bei kurzfristigen Kursbewegungen, können durch eine klare Rebalancing-Strategie vermieden werden. Wer sich einmal für ein vernünftiges Verhältnis der Anlageklassen entschieden hat, sollte diesem Konzept treu bleiben – und dennoch wachsam sein. Ein ausgewogenes Depot ist keine Momentaufnahme, sondern ein Zustand, der über Jahre hinweg gepflegt werden will. Durch diese bewusste Pflege lässt sich nicht nur das Risiko reduzieren, sondern auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das Portfolio den persönlichen Zielen tatsächlich gerecht wird. Letztlich ist es genau dieses Gleichgewicht, das langfristigen Anlageerfolg möglich macht.