/Augen auf: Wenn nachhaltige Aktien plötzlich doch nicht mehr grün sind

Augen auf: Wenn nachhaltige Aktien plötzlich doch nicht mehr grün sind

Viele Anlegerinnen und Anleger vertrauen darauf, dass Nachhaltigkeitsfonds tatsächlich so investieren, wie es ihre Bezeichnung verspricht: umweltfreundlich, zukunftsorientiert und klimaschonend. Doch die Realität sieht oft anders aus. Zahlreiche dieser vermeintlich „grünen“ Fonds enthalten nach wie vor Beteiligungen an großen fossilen Konzernen – darunter Unternehmen, die aktiv neue Öl- und Gasfelder erschließen oder ihren CO₂-Ausstoß kaum reduzieren. Für Investoren ist das ein schwerer Schlag gegen das Vertrauen in den Finanzmarkt, denn sie werden mit dem Bild eines verantwortungsvollen Investments geködert, das bei näherem Hinsehen vielfach nicht standhält. Es ist eine Praxis, die den Begriff „Greenwashing“ mehr als verdient hat und zeigt, wie sehr Marketing und Wirklichkeit auseinanderklaffen können.

Neue regulatorische Vorgaben – vor allem aus Brüssel – sollten hier für Klarheit sorgen. Die EU-Taxonomie etwa oder die Offenlegungsverordnung zielen darauf ab, Anleger besser zu informieren und Finanzprodukte transparenter zu machen. Doch was in der Theorie nach Fortschritt klingt, hat in der Praxis oft absurde Blüten getrieben. Denn statt fragwürdige Beteiligungen an fossilen Konzernen zu beenden, haben viele Anbieter den einfacheren Weg gewählt: Kurz vor Ablauf regulatorischer Fristen werden Fonds umbenannt oder in andere Kategorien verschoben. So wird der Anschein von Nachhaltigkeit gewahrt, ohne dass sich an den zugrunde liegenden Investments viel ändert. Das ist nicht nur ein Trick auf dem Papier, sondern ein Schlag ins Gesicht all jener, die ernsthaft auf eine Transformation des Finanzsystems hoffen.

Die Anbieter dieser Fonds stehen schon seit Jahren in der Kritik, weil ihre Produkte mehr versprechen, als sie halten. Dass ausgerechnet unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit Ölkonzerne wie Shell, Exxon oder Total auftauchen, ist mehr als nur ein Schönheitsfehler. Es zeigt ein tiefergehendes Problem: Die Definition von Nachhaltigkeit ist nicht klar genug, um solchen Missbrauch zu verhindern. Und solange die Aufsichtsbehörden keine schärferen Regeln durchsetzen oder gar Sanktionen verhängen, bleibt es bei einem Spiel mit Etiketten. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Glaubwürdigkeit, sondern um die Frage, wie ernst es der Finanzwelt mit der Bekämpfung der Klimakrise wirklich ist.

Besonders perfide ist, dass einige dieser fossilen Unternehmen nach außen hin ihre Transformation in Richtung erneuerbarer Energien betonen, intern jedoch weiter Milliarden in neue Bohrungen investieren. Dass sie dennoch als nachhaltige Investments gelten können, verdanken sie Schlupflöchern in der Gesetzgebung. Genau hier liegt der Kern des Problems: Solange politische Vorgaben nicht eindeutig, streng und verbindlich sind, werden sie von den Finanzakteuren kreativ umgangen. Es braucht einen klaren Schnitt – keine kosmetischen Maßnahmen, keine Namensänderungen, sondern einen echten Ausschluss klimaschädlicher Konzerne aus nachhaltigen Fonds. Nur dann kann der Begriff Nachhaltigkeit im Finanzwesen wieder zu dem werden, was er sein sollte: ein echtes Versprechen auf eine bessere Zukunft.